Traumatische Geburt verarbeiten: Über den Umgang mit belastenden Geburten

Die Geburt ist überstanden, du hältst dein Baby in den Armen, doch das Glücksgefühl mag sich nicht so recht einstellen? “Hauptsache gesund” kommentieren Freunde und Familie, und “so schlimm war’s doch gar nicht”. Doch in dir drin spürst du Traurigkeit, fühlst dich mit der Geburt ganz und gar nicht im Reinen und mit deinem Baby nicht richtig verbunden. Wusstest du, dass 20 bis 50% aller Frauen die Geburt ihres Kindes als belastend, schwierig oder sogar traumatisch erleben? Wir schauen uns heute mögliche Symptome an und wie Heilung aussehen kann.

Inhaltsverzeichnis [mit Ankerlinks]
h2 Was kann ein Geburtstrauma auslösen?
h3 Angst belastet
h3 Emotionale Gewalt
h2 Hat mein Baby ein Geburtstrauma?
h2 Habe ich ein Geburtstrauma?
h2 Wie verarbeitet man eine traumatische Geburt?

Da liegst du nun also mit deinem Baby. Vielleicht viel früher als erwartet, vielleicht nach einer anstrengenden, komplikationsreichen Schwangerschaft oder einer Geburt mit vielen Interventionen, vielleicht überwältigt, erschöpft und überfordert. Vielleicht mit Selbstzweifeln und Gedanken der Reue, weil du gerne etwas anders gemacht hättest. Vielleicht ohne Worte, um das Gefühlschaos zu beschreiben, vielleicht ohne eine:n einfühlsame:n Zuhörer:in. Und vielleicht bleibt auch keine Zeit, weil du sofort funktionieren musst – das Baby versorgen, ältere Geschwister versorgen, den Haushalt machen.

In den kommenden Monaten und Jahren bleibt das Gefühl, dass bei euch etwas anders ist. Ein diffuses Gefühl, dass bei euch etwas fehlt. Etwas zwischen euch steht. Dazu das ewig wiederkehrende Gedankenkarussell, die ewige Frage: Was wäre wenn?

h2 Was kann ein Geburtstrauma auslösen?

Bei einem großen Wort wie “Trauma” denken viele, dass etwas ganz Schlimmes passiert sein muss, wie ein Notkaiserschnitt, eine Frühgeburt oder körperliche Gewalt durch das Personal (z.B. Kristeller-Handgriff oder unsanfte vaginale Untersuchungen). Ich spreche daher gerne von belastenden Geburten, weil sich darin viel mehr Mütter wiederfinden. Eine solche Belastung kann nämlich eine Vielzahl an Ursachen haben, von denen manche auf den ersten Blick ganz unscheinbar sind.

Recht offensichtlich als mögliche Ursache für eine belastende Geburt sind sämtliche Interventionen unter der Geburt, darunter auch “kleine” Eingriffe wie die Gabe eines wehenfördernden Mittels, sowie natürlich Komplikationen, aber auch besonders schnelle oder besonders lange Geburten oder eine Operation direkt nach der Geburt.

h3 Angst belastet

Ein besonderer Faktor, an den du vielleicht nicht sofort denkst, und der schon in der Schwangerschaft eine große Rolle spielen kann, ist die Angst. Wenn dir bei den Routine-Untersuchungen in der Schwangerschaft Angst um dich oder dein Kind gemacht wird, wenn du oder dein Kind eine Diagnose erhaltet, wenn du über den errechneten Termin gehst oder Medikamente nehmen musst, kann all das traumatisierend und belastend wirken. Auch stressige Momente während der Geburt oder wenn du im Anschluss direkt von deinem Baby getrennt wurdest und ihr keine Möglichkeit für das Bonding hattet, sind belastend und können langfristige Folgen haben.

h3 Emotionale Gewalt

Ein Thema, das in der jüngeren Vergangenheit zum Glück viel mehr Aufmerksamkeit bekommt, ist der Umgang der profesionellen Geburtsbegleiter:innen mit der Gebärenden. Schon ein unsensibler Kommentar oder ein abfälliger Blick des Personals können sehr demütigend sein. Auch eine Verletzung des Schamgefühls in diesem intimen, maximal ungeschützten Moment kann traumatisieren. Eingriffe und Untersuchungen, die dir nicht erklärt werden oder denen du nicht zugestimmt hast, spielen hier ebenfalls eine große Rolle.

Während Narben, zum Beispiel durch eine Bauchgeburt, ganz offensichtliche Verletzungen sind, sind die emotionalen Verletzungen nicht auf den ersten Blick sichtbar. Deshalb sind sie aber nicht weniger wichtig und können sich langfristig auf dich, dein Baby und eure Bindung auswirken.

h2 Hat mein Baby ein Geburtstrauma?

[Infokasten]
Anzeichen für ein Geburtstrauma beim Baby
– schreit deutlich mehr als andere Babys
– braucht ungewöhnlich viel Körperkontakt oder lehnt ihn vollständig ab
– Bauchweh/Verdauungsprobleme
– schläft fast nur, wirkt, als wäre es noch nicht in unserer Welt angekommen
Auch dein Baby kann von einem Geburtstrauma betroffen sein. Bestimmte Auffälligkeiten können als Hinweise dienen, ob die Geburt für dein Baby belastend war. Manche Babys schreien sehr, sehr viel, überstrecken sich dabei nach hinten, oder brauchen extrem viel Körperkontakt – so viel mehr als andere Babys, dass sie regelrecht panisch werden, wenn sie mal keinen haben, im Schlaf unruhig sind, immer wieder hochschrecken und nicht in den Tiefschlaf finden. Viele Babys haben dann auch Bauchweh und Verdauungsprobleme, schlucken durch das viele Weinen zusätzlich Luft, wodurch die Bauchschmerzen noch schlimmer werden – ein Teufelskreis.

Andere Babys ertragen Körperkontakt wiederum gar nicht und lehnen es komplett ab, getragen zu werden. Und wieder andere schlafen fast nur und man hat das Gefühl, sie sind noch gar nicht richtig in unserer Welt angekommen. Auch später haben diese Kinder manchmal noch Schwierigkeiten, in den Spielfluss zu kommen und sich zu konzentrieren. Lernschwierigkeiten können ebenfalls eine Folge sein. Wie wir heute aus der Neurobiologie wissen, brauchen Menschen eine sichere Bindung und Urvertrauen, um zu lernen und sich auf Neues einlassen zu können – genau diese fehlen Babys mit einem schwierigen Start jedoch oftmals.

h2 Habe ich ein Geburtstrauma?

[Infokasten]
Anzeichen für ein Geburtstrauma bei der Mama
– Flashbacks
– dissoziieren
– Albträume, Schlafstörungen
– innere Unruhe
– PTBS
– Wochenbettdepression
– innere Leere
– Schuldgefühle
– Versagensängste
– übertriebener Perfektionismus bei der Pflege des Babys

Auch wenn es System hat, Frauen ihre Wahrnehmung der Geburt abzusprechen und von ihnen Glück und Dankbarkeit für das gesunde Kind unabhängig vom Geburtsverlauf zu erwarten, hat niemand das Recht, deine Geburt und die von dir empfundene Belastung zu bewerten. Vielleicht ist es sogar deine eigene innere Stimme, die dir sagt “anderen geht es doch noch viel schlechter”. Woran erkennst du also, dass die Geburt für dich so belastend war, dass du nun mit den Folgen davon kämpfst?

Die Symptome können sehr vielfältig sein und hängen von der Art und der Schwere der empfundenen Belastung ab. Neben offensichtlichen Geburtsfolgen wie körperliche Schmerzen und Narben gibt es noch eine Reihe anderer Symptome, die für ein Geburtstrauma sprechen können. Vielleicht fühlst du dich fremd in deinem eigenen Körper und hast Flashbacks, dissoziierst oder hast Albträume und Schlafstörungen. Vielleicht tauchen Probleme in der Partnerschaft auf oder Libidoverlust. Innere Unruhe, ständige Grübeleien bis hin zu posttraumatischen Belastungsstörungen oder Wochenbettdepressionen, Schuldgefühle und Versagensängste, innere Leere – all dies können Folgen einer belastenden Geburt sein.

Viele Frauen berichten auch von unterdrückten Gefühlen, die tief in ihnen brodeln – insbesondere Wut oder Trauer, die im Alltag mit dem Neugeborenen und in den Gesprächen nach der Geburt bisher noch keinen Raum gefunden haben. Zu selten stellen wir frischgebackenen Müttern nach “Wie geht’s dir?” die entscheidende Frage “Und wie geht’s dir wirklich?”, um jenseits der Standardfloskeln einen Rahmen zu schaffen, über die emotionalen Verletzungen, die Ängste oder auch die Distanz zum Kind zu sprechen.

Viele Mamas überkompensieren gerade diese empfundene Distanz zu ihren Kindern und die damit einhergehenden Schuldgefühle durch Perfektionismus. Dies kann sich im Wunsch zeigen, alles alleine schaffen zu wollen und jegliche Hilfe abzulehnen, obwohl sie sich eigentlich überfordert fühlen, oder dadurch, dass sie sich zum Beispiel beim Stillen sehr unter Druck setzen und insgesamt unrealistische, überzogene Ansprüche an sich selbst stellen.

h2 Wie verarbeitet man eine traumatische Geburt?

[Infokasten mit Infos zum Workshop und zur 1:1-Begleitung und Kontakt/Buchungsmöglichkeit]

Wenn du deine belastende Geburt verarbeiten möchtest, geht es nicht darum, dass der Schmerz nicht länger existiert. Vielmehr ist das Ziel, dass der Schmerz nicht mehr dein Leben kontrolliert. Es ist ein bisschen wie mit Liebeskummer, den du vor vielen Jahren einmal hattest. Wenn du an diesen zurück denkst, spürst du vielleicht noch einen kleinen Stich und erinnerst dich daran, wie schlecht es dir ging, aber dieses Gefühl hat heute keine Macht mehr über dich. Auch wenn du es dir vielleicht gerade noch nicht vorstellen kannst, kannst du diesen Zustand auch mit deinem Geburtstrauma erreichen und Frieden mit dem Geschehenen finden.

Ich habe mit “Ein schwerer Start ins Leben” einen Workshop entwickelt, der dich genau dort hinführen soll. Mir ist dabei wichtig, dir vor allem Techniken zur Selbsthilfe mit an die Hand zu geben, also Heilmethoden, Stabilisierungs-Tools, Verankerungs-Tools oder auch Techniken aus der Baby-Massage. Gleichzeitig bekommst du darin viel fachliches Hintergrundwissen, um dein eigenes Handeln und die zugrundeliegenden Mechanismen zu verstehen und Schuldgefühle zu lindern. Für den Workshop gibt es regelmäßig neue Termine, die ich hier bekannt gebe [verlinken!].

Regelmäßig begleite ich Frauen auch 1:1, so dass ein viel intensiverer Austausch möglich ist. Manchen Frauen genügt es, in zwei oder drei Sitzungen noch einmal über bisher ungehörte Gefühle zu sprechen. Bei anderen Frauen stellt sich heraus, dass sich unter dem Geburtstrauma noch ein weiteres Trauma verbirgt und wir stellen fest, dass eine Therapie hilfreich wäre und ich kann die Frau an entsprechendes Fachpersonal weiter vermitteln und ggf. begleiten, bis ein Therapiestart möglich ist.

Wenn du eine belastende Geburt hattest und dir Begleitung wünschst, melde dich und wir schauen gemeinsam, wie ich dir am besten helfen kann [Kontaktmöglichkeit verlinken].